Umsatzsteuer bei Online-Veranstaltungen
Sogar Sportkurse finden inzwischen online statt.

Umsatzsteuer bei Online-Veranstaltungen

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Vorträge, Konzerte, Sportkurse: Was gibt es inzwischen nicht alles online! Umsatzsteuerlich stellt sich da schnell die Frage nach dem Leistungsort, nach Steuerbefreiungen und Steuerermäßigungen. Das Bundesfinanzministerium hat dazu jetzt ein ausführliches Schreiben veröffentlicht.

 

Inhalt

 

Umsatzsteuer bei Online-Veranstaltungsdienstleistungen und weiteren Online-Dienstleistungsangeboten

Veranstaltungen im Bereich der Kunst und Kultur, aber auch auf dem Gebiet der Wissenschaft, der Bildung, des Sports oder der Unterhaltung finden zunehmend mehr nicht nur in Präsenz statt, sondern werden auch über das Internet angeboten.

Dabei sind die Angebotsformen vielfältig: Teilweise werden Live-Veranstaltungen parallel in Echtzeit digital übertragen, teilweise ersetzt die Live-Übertragung die persönliche Teilnahme vor Ort sogar vollständig und vielfach werden Live-Mitschnitte oder vorproduzierte Aufzeichnungen entsprechender Veranstaltungen (zum Beispiel Konzerte, Unterrichtskurse oder Fitnesskurse) via Streaming oder Download zur Verfügung gestellt.

Neben der Frage nach dem Leistungsort ist in diesen Fällen auch zu klären, inwieweit Steuerbefreiungen oder Steuerermäßigungen anwendbar sind.

Dies betrifft vor allem Veranstaltungen auf dem Gebiet der Kunst und Kultur (Streaming von Konzerten, Orchester- oder Theateraufführungen), bei welchen eine Befreiung nach § 4 Nr. 20 UStG bzw. eine Ermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr.7 Buchstabe a UStG in Betracht kommen kann, aber vermehrt auch Bildungs- und Gesundheitsdienstleistungen, bei welchen ebenfalls eine Steuerbefreiung möglich ist.

§ 4 Nr. 20 UStG

Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei: [...] die Umsätze folgender Einrichtungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Steuerfrei sind auch die Umsätze von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen an Einrichtungen im Sinne der Sätze 1 und 2, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass deren künstlerische Leistungen diesen Einrichtungen unmittelbar dienen. Museen im Sinne dieser Vorschrift sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen,

§ 12 Abs. 2 Nr.7 Buchstabe a UStG

Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze: [...] die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler

Dazu hat das Bundesfinanzministerium (BMF) ein ausführliches Schreiben veröffentlicht, in dem es u.a. auf die folgenden Punkte näher eingeht (BMF-Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 29.04.2024):

  • Vorproduzierte Inhalte

  • Live-Streaming

  • Dienstleistungskommission

  • Leistungsumfang und Bemessungsgrundlage bei Leistungskombinationen

  • Anwendung auf weitere Online-Dienstleistungsangebote

Die Regelungen gelten für Online-Veranstaltungsdienstleistungen im B2C-Bereich, also gegenüber Endkunden.

Wir erklären im Folgenden zu jedem dieser Punkte das Wichtigste in aller Kürze – das komplette BMF-Schreiben gibt es kostenlos hier auf der Internetseite des BMF.

Vorproduzierte Inhalte

Wird online die Aufzeichnung einer Veranstaltung zur Verfügung gestellt, und kann man diese Datei individuell zu einem späteren festen oder frei wählbaren Zeitpunkt abrufen, dann kommt es auf den Ort der Leistung an: Es gilt die Umsatzsteuer des Landes, in dem sich der Nutzer befindet, der das Video abruft und anschaut. Umsatzsteuerlich handelt es sich nämlich um eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung im Sinne des § 3a Absatz 5 Satz 2 Nummer 3 UStG.

Eine Umsatzsteuerermäßigung oder Umsatzsteuerbefreiung ist in diesen Fällen nicht möglich. Befindet sich also der Nutzer in Deutschland, dann ist der normale Umsatzsteuersatz von 19% anwendbar. Bei einem Nutzer in Frankreich wäre der französische Umsatzsteuersatz anzuwenden usw.

Live-Streaming

Für Live-Streaming, das parallel zu bzw. anstelle der »Vor-Ort«-Veranstaltung und in Echtzeit erfolgt, ist die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 Buchstabe a und b UStG anwendbar, wenn die Umsätze von einer nach dieser Vorschrift begünstigten Einrichtung erbracht werden.

Maßgeblich für diese Beurteilung ist die Interaktion mit dem Publikum, die neben verschiedenen Bekundungen wie Beifall, Zugabe etc. (ggf. auch über Button-Funktionen oder soziale Netzwerke) aber auch im bloßen Zuhören bestehen kann und ausschließlich in Echtzeit stattfindet.

Wir die Veranstaltung nicht von einer nach § 4 Nr. 20 UStG begünstigten Einrichtung durchgeführt. kommt für den Verkauf einer digitalen Eintrittsberechtigung zu einem Live-Streaming-Angebot die Steuersatzermäßigung nach § 12 Absatz 2 Nr. 7 Buchstabe a UStG in Betracht.

Dienstleistungskommission

Vor allem bei Musikveranstaltungen (zum Beispiel Konzerte, Orchesteraufführungen u. A.) kommt es vor, dass deren digitale Bereitstellung (als Live-Stream oder als Aufzeichnung) auch über externe Veranstaltungsportale erfolgt.

Dann gilt: Besorgt ein Unternehmer für Dritte Leistungen, für die die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 20 Buchstabe a UStG zur Anwendung kommt, sind auch die Besorgungsleistungen an die Abnehmer nach § 4 Nr. 20 Buchstabe a UStG steuerbefreit.

Leistungsumfang und Bemessungsgrundlage bei Leistungskombinationen

Ob es sich bei der neben der Bereitstellung eines Live-Streams (mit oder ohne Interaktionsmöglichkeit) angebotenen weiteren Leistung in Form einer Aufzeichnung, die zu einem späteren, vom Nutzer gewählten Zeitpunkt abgerufen werden kann, um eine eigenständige, gesondert zu beurteilende Leistung oder - zusammen mit der Bereitstellung des Live-Streams - um eine einheitliche Leistung handelt, ist nach den allgemeinen Regeln zur Einheitlichkeit der Leistung zu beurteilen (vgl. Abschnitt 3.10 Abs. 2 und Abs. 3 UStAE).

Zur Abgrenzung gelten folgende Grundsätze:

  • Einheitliche Leistung eigener Art: Bei der kombinierten Bereitstellung eines Live-Streams (mit und ohne Interaktionsmöglichkeit) und einer Aufzeichnung, die zu einem späteren, vom Nutzer gewählten Zeitpunkt abgerufen werden kann, handelt sich um eine Leistung eigener Art, die insgesamt dem allgemeinen Steuersatz unterliegt. Eine Aufteilung des Entgelts kommt nicht in Betracht.

  • Selbständige Leistungen: Wird dagegen neben der Bereitstellung eines Live-Streams (mit und ohne Interaktionsmöglichkeit) gegen Zahlung eines gesonderten Entgelts oder aber eines Aufpreises zusätzlich die Aufzeichnung, die zu einem späteren, vom Nutzer gewählten Zeitpunkt abgerufen werden kann, angeboten, liegen zwei selbständige Leistungen vor, die getrennt zu beurteilen sind. Das bedeutet: Liegen selbständige Hauptleistungen vor, die unterschiedlich zu besteuern sind, und wird für diese ein einheitliches Nutzungsentgelt erhoben, so ist das Entgelt auf die einzelnen Leistungen aufzuteilen. Ist der Abruf einer Aufzeichnung nur durch Zahlung eines Aufschlags auf das ohnehin zu entrichtende Entgelt möglich, können die Beträge den Leistungen eindeutig zugeordnet werden und eine Aufteilung ist nicht erforderlich.

Anwendung auf weitere Online-Dienstleistungsangebote

Diese Regelungen gelten auch für andere Online-Dienstleistungsangebote, zum Beispiel im Bereich Bildung und Gesundheit.

  • Unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen sind unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 und Nr. 22 UStG umsatzsteuerfrei, wenn die Unterrichtsleistung im Rahmen eines Live-Streaming-Angebots interaktiv erbracht wird.

  • Online-Sprechstunden per Video-Stream mit einem direkten Austausch zwischen dem Patienten und dem Arzt sind unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 UStG als Heilbehandlungsleistungen umsatzsteuerfrei.

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(MB)

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